SCHLECHTES GEWISSEN – dieses eher unschöne Accessoire trage ich seit dem 26. November mit mir herum. Seit diesem Tag gehe ich wieder arbeiten. Das heißt, dass ich von Montag bis Freitag von 9 bis 18.30 Uhr nicht daheim bin. Das heißt auch, dass ich meinen Sohn nur zwei Stunden am Tag sehe. Puhi. Das ist schon starker Tobak. Da Manu zur Zeit daheim ist, ist die Last nicht immer so schwer. Er ist ein wirklich großartiger Vater, der das Ding mit Bravour wuppt. Aber machen wir uns nichts vor: Diese working mum ist eine Egoistin.
Letzte Woche hatte ich Urlaub – mein Kopf und mein Herz auch. Und da ist mir klar geworden, dass ich aufhören muss mit der Selbstkasteiung. Als ich noch daheim war, gab es viele Momente, in denen ich überfordert war oder Abstand gesucht habe. An so viel Nähe und soviel Abhängigkeit musste ich mich erstmal gewöhnen. Dafür sind wir nicht trainiert. Wir bekommen nämlich beigebracht, auf eigenen Beinen zu stehen, Karriere zu machen und dabei immer schön selbstbewusst rüber zu kommen. Probleme gibt es nicht und wer es nicht schafft, ist halt nicht organisiert genug. Diesem Prinzip habe ich mich in der Zeit vor Anton gut angenähert. Studieren und Vollzeit arbeiten – kein Problem. Die Contenance zu bewahren ist mir sozusagen zum beständigen Hobby geworden. So ein Säugling bringt einem aber schnell bei, dass das alles Schwachsinn ist. Es ist viel zu anstrengend, sich immer zusammenzureißen. Vor allem ist es nicht echt. Und um eine echt gute Mama zu sein, muss man aber echt authentisch sein – auch wenn das heißt, in der perfekten Mütterrunde für den Eklat zu sorgen, weil man laut sagt, wie sehr einem gefühlte 100 Waschladungen am Tag und trotzdem kein Shirt ohne Milchflecken auf den Geist gehen.
Kommen wir zurück zur Arbeit. Ich habe Kunstgeschichte studiert; etwas, das mich wirklich interessiert. Seit zwei Jahren arbeite ich in einem Museum in München. Und ich liebe es! Ich habe das Gefühl am richtigen Ort zu sein. Und ich bin gut in dem, was ich tue. Aber wenn ich abends nach Hause fahre, dann wünschte ich, ich wäre schon daheim. Wenn ich die Tür öffne, dann freut sich Anton mich zu sehen, und das beruht auf Gegenseitigkeit. Nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, hat es bei mir klick gemacht. Das ist zwar nicht die Beschreibung meines Lebens, aber die Richtung stimmt. Stichwort Echt versus Contenance. Ab Mai arbeite ich einen Tag weniger in der Woche, um einen Tag länger bei meiner Familie zu sein und auch bei mir. Denn ich bin nicht nur working sondern auch eine mum. Ich komme mir entgegen, um mich nicht länger aufzureiben. Schöne Schuhe sind mir als Accessoire auch wirklich lieber.
Liebe Kathi,
Noch habe ich ja kein Kind, aber ich frage mich so oft, wie das funktionieren soll. Wie werdet ihr es denn machen, wenn dein Mann wieder arbeitet? Wer betreut dann Anton bis 18.30? Ich ärgere mich so oft – und das obwohl ich noch nicht mal Mum bin – dass der Arbeitsmarkt eben komplette Vereinbarkeit fordert, dies aber ja so eigentlich nicht möglich ist. Bedingt durch Betreuungsmöglichkeiten, zu wenig home Office etc. Deine Entscheidung finde ich gut:) man muss immer auf sein Herz hören! Liebste Grüße!
Liebe Antonia,
Seit 26. Mai arbeitet Manu wieder bei der Zeitung. Anton ist bei der Tagesmutter, Montag bis Donnerstag bis 15 Uhr und am Freitag bis 13 Uhr. Drei- bis viermal die Woche holt die Oma ihn ab. Manu und ich versuchen jeweils zweimal im Monat auch früher zu gehen.
Es ist tatsächlich Fakt, dass viele Arbeitgeber keine Flexibilität bieten. Vollkommen unverständlich, da meiner Meinung nach die Verbindlichkeit zunimmt, wenn Chef/in etwas für die Mutter tun. Ich bin in der glücklichen Lage, dass meine Chefin! selbst ein Kind hat! und sogar alleinerziehend ist. Ihr muss man nichts vorjammern, man muss halt seinen Job machen. Aber ob ich jetzt Emails um 22 Uhr oder um 16 Uhr beantworte, ist oft nicht entscheidend. Wahrscheinlich liegt es aber wieder an uns selbst, das zu ändern. Ich habe das Gefühl, dass viele Mütter und auch Väter gar nicht fragen oder nicht genügeng nerven.
Herzliche Grüße,
Kathi